Die EU-Scheidungsreform – was bringt sie für binationale Scheidungen?

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Europa will auch bei Scheidungen zusammenwachsen

Einige Mitgliedsstaaten der EU versuchen, das internationale Scheidungsrecht zu vereinheitlichen, sodass Ehen zwischen EU-Bürgern mit unterschiedlichen Nationalitäten (sog. binationale Ehen) oder solchen, die nicht in ihrem Heimatland leben, leichter geschieden werden können.

Während bisher in vielen Ländern uneinheitliche Regeln gelten, nach welchem Recht eine Scheidung vorzunehmen ist (Maßstab ist mancherorts der Wohnort, woanders aber die Nationalität), soll nach es nun nach der Reform möglich sein, den Gerichtsstand und in gewissem Umfang auch das Rechtssystem,
in welchem man geschieden werden möchte, selbst zu wählen. Es muss allerdings eine Verbindung zwischen zumindest einem Ehegatten und dem Staat, dessen Recht gewählt werden soll (z.B. Staatsbürgerschaft oder Hauptaufenthaltsort), bestehen. Auch müssen beide Noch-Ehegatten gemeinsam eine solche Gerichtsstandvereinbarung treffen. Geschieht dies nicht, weil sie sich beispielsweise uneinig sind, oder
eine Vereinbarung einfach nicht treffen wollten, so erfolgt die Abstufung laut Zeit.de wie folgt:

„Können sie sich nicht einigen, gilt das Recht des Landes, in dem das Paar wohnt oder gewohnt hat, wenn noch einer der Partner dort lebt.
Stammen sie beide aus dem gleichen Land, soll ihre gemeinsame Nationalität den Ausschlag geben. Ansonsten wird das Recht des Landes angewendet, in dem die Scheidung eingereicht wurde.“ [http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-03/scheidungsrecht-eu-binational]

Jede sechste in Europa geschiedene Ehe ist binational.
Außerdem machen binationale Ehescheidungen 14% aller Scheidungen in Deutschland aus.

Das Besondere an der neuen Regelung: Es könnte zum ersten
Mal das Verfahren der sog. „verstärkten Zusammenarbeit“ angewendet werden.
Dabei versuchen lediglich einige europäische Länder eine gemeinsame Regelung zu
finden, ohne dass diese für alle 27 verbindlich wäre. Ein vorheriger
Vereinheitlichungsversuch im Jahre 2006 war an der vor dem Lissabon-Vertrag
hier nötigen Einstimmigkeit gescheitert. Der aktuelle Antrag wurde von 10
Ländern gestellt. Dem hat sich auch Deutschland im März dieses Jahres
angeschlossen. Ein zusätzlicher Beitritt weiterer Staaten ist wahrscheinlich.

Es ist zu hoffen, dass diese Regelung bald in möglichst vielen Staaten geltendes Recht wird. So lässt sich leichter ermitteln, nach welchem Recht eine Ehe geschieden wird. Die Regelung erweitert zusätzlich die
Gestaltungsfreiheit der Parteien und schützt diese auch, wenn sie keinen „Ehevertrag“ abgeschlossen haben, da sie sich noch im Zeitpunkt des Scheidungsbegehrens über das anzuwendende Recht einigen können. Auch werden bestimmte Benachteiligungen verhindert, die dadurch entstehen, dass beispielsweise ein Partner (meist der finanziell stärkere) in ein anderes Land umzieht und dort die Scheidung beantragt, sodass das Recht dieses Landes gilt und er durch den Scheidungsantrag einseitig das das für ihn günstigste Recht auswählen kann (sog. „forum shopping“). Dies wäre im Fall einer positiven Abstimmung so
einfach nicht mehr möglich.

Durch die neue Regelung würden auch Rechtssysteme einbezogen, welche den Bereich der europäischen Union überschreiten. Die Befürchtung, dass die Scharia dann in Deutschland Einzug erhielte, ist laut Bundesministerium der Justiz allerdings unbegründet, da nur solche Rechtssysteme berücksichtigt werden, welche grundlegenden Wertvorstellungen in der EU nicht zuwiderlaufen.

Die weitere Entwicklung (insbesondere die Zustimmung des Europarates) bleibt unter Beobachtung.

Vertiefender: bmj.bund.de/
unter „Rom III“; zeit.de

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2 Gedanken zu „Die EU-Scheidungsreform – was bringt sie für binationale Scheidungen?“

  1. Diese Idee finde ich eigentlich nicht so schlecht. Was man für die Erleichterung der Prozedur machen kann, muss man unbedingt tun, Die Frage ist besonders wichtig, meine ich

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