Wer entscheidet über die Impfung des Kindes?

Ob das Kind geimpft werden soll, kann zwischen den Eltern zum Streit führen, wenn Uneinigkeit herrscht. In der Vergangenheit haben wir bereits über derartige Fälle berichtet. Nun hatte der Bundesgerichtshof die Frage zu klären, wer darüber entscheiden darf, ob das Kind geimpft wird, wenn die Eltern sich uneinig sind. (BGH Beschluss vom 03.05.17, Az.: XII ZB 157/16)

Der Sachverhalt

Die Mutter und der Vater des im Jahr 2012 geborenen gemeinsamen Kindes stritten über die Frage, wer von beiden entscheiden darf, ob das Kind geimpft wird. Die Eltern sind für das nichteheliche Kind gemeinschaftlich sorgeberechtigt. Aufgrund der Trennung der Eltern lebt das Kind bei der Mutter.

Der Kindesvater ist der Ansicht, dass das Kind die dem Alter entsprechenden Schutzimpfungen erhalten solle. Diese werden regelmäßig von Ständigen Impfkommission am Roland Koch Institut (STIKO) empfohlen. Die Mutter wehrte sich dagegen mit der Begründung, die Empfehlung der STIKO sei ein „Produkt unheilvoller Lobbyarbeit von Pharmaindustrie und der Ärzteschaft“.  Mit der Impfung träten schwerere Schäden ein, als überhaupt ein Infektionsrisiko bestünde. Aufgrund dessen beantragten beide Elternteile die Übertragung der Gesundheitssorge auf sich allein.

Instanzgerichte

Das Amtsgericht Erfurt hat dem Antrag des Vaters entsprochen und diesem die Gesundheitssorge übertragen. Das OLG Jena beschränkte diese Übertragung im Nachgang auf Schutzimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps und Röteln. Dagegen legte die Mutter Beschwerde ein.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Doch die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Nach § 1628 Satz 1 BGB kann auf Antrag durch das Familiengericht ein Teilbereich der elterlichen Sorge, dessen Regelung von erheblicher Bedeutung für das Kind ist, auf einen Elternteil allein übertragen werden, wenn die Eltern sich nicht einigen können. Der entsprechende Teilbereich ist dabei auf den Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsweg dem Kindeswohl am besten entspreche.

Schutzimpfung keine alltägliche Entscheidung

Die Schutzimpfung stellt nach dem Bundesgerichtshof keine alltägliche Entscheidung dar. Würde es sich dabei um eine alltägliche Entscheidung handeln, wäre nach § 1687 Satz 1 BGB der Elternteil entscheidungsbefugt, bei dem sich das Kind aufhält.

Vielmehr sei es eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung, die von beiden Elternteil gemeinsam getroffen werden müsse. Da dies vorliegend wohl nicht möglich war, kam nur die Übertragung der Gesundheitssorge in Betracht. 

STIKO geeigneter Maßstab

Der BGH befand den Vater als besser geeignet, die Impffrage zu entscheiden. Dieser begehrt, dass das gemeinsame Kind die altersentsprechenden Schutzimpfungen erhalten solle. Der BGH bestätigte damit die Entscheidung des OLG, der den Vater deswegen als besser geeignet hielt, weil sich dieser an den Impfempfehlungen der STIKO orientierte. Denn der BGH stellte weiterhin fest, dass die Ständige Impfkommission am Roland Koch Institut (STIKO) als medizinischer Standard anerkannt ist.

Zudem sein keine besonderen Impfrisiken bekannt, so dass das OLG nach Auffassung des BGH zurecht auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zurückgegriffen habe.

Das Familiengericht darf also im Einzelfall bei Uneinigkeit die Entscheidungsbefugnis für einzelne Bereiche der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein übertragen. Der BGH stellte allerdings klar, dass das Gericht nicht die Entscheidung über die streitige Frage selbst klären darf. Der Vater darf daher nun entscheiden, dass das Kind die Impfungen erhalten solle.

Link zur Pressemitteilung des BGH

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