So oder so ähnlich muss die Frage gelautet haben, die sich die Richter des BGH im Jahre 1966 gestellt haben, als sie über eine Ehescheidung zu urteilen hatten. Nach dem damals noch geltenden „Ehegesetz“ kam es für eine Scheidung maßgeblich auf den Grund der „Zerrüttung der Ehe“ an.
Aber zum Fall:
In erster Instanz bekam eine trennungswillige Ehefrau Recht, die die Quell allen Übels in der mangelnden Treue ihres Noch-Gatten sah. Dieser ließ die Bloßstellung aber nicht einfach auf sich sitzen und zog mit folgender Begründung in die Revision: „die Zerrüttung der Ehe sei aus der Einstellung der Beklagten zum ehelichen Verkehr entstanden.
Sie habe ihm erklärt, sie empfinde nichts beim Geschlechtsverkehr und sei imstande, dabei Zeitung zu lesen; er möge sich selber befriedigen. Der eheliche Verkehr sei eine reine Schweinerei. Sie gebe ihm lieber Geld fürs Bordell. Sie wolle auch nicht mit einem dicken Bauch herumlaufen; mit Kindern wüsste sie gar nichts anzufangen. (…)
Die Beklagte habe sich beim ehelichen Verkehr entsprechend verhalten.“ Diese Vorwürfe hätten ihn dann letztlich in die Arme seiner Angestellten getrieben.
So weit, so gut, mag man meinen.
Die Richter setzten dem Ganzen dann aber mit einem amüsanten und durchaus verwunderlichen Urteil die Krone auf.
Im Tenor hieß es: „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen (…) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen. Denn erfahrungsgemäß vermag sich der Partner, der im ehelichen Verkehr seine natürliche und legitime Befriedigung sucht, auf die Dauer kaum jemals mit der bloßen Triebstillung zu begnügen, ohne davon berührt zu werden, was der andere dabei empfindet. (…)
Deshalb muss der Partner, dem es nicht gelingt, Befriedigung im Verkehr zu finden, aber auch nicht, die Gewährung des Beischlafs als ein Opfer zu bejahen, das er den legitimen Wünschen des anderen um der Erhaltung der seelischen Gemeinschaft willen bringt, jedenfalls darauf verzichten, seine persönlichen Gefühle in verletzender Form auszusprechen.“
Interessant wäre es jetzt, zu wissen, was für ein Wind wohl in den Schlafzimmern der Herren Richter wehte…
Autorin: Anna Koch / stud. iur.
Urteil des BGH vom 02.11.1966, aus NJW 1967, 1078-1080.