Ein Gastbeitrag von Rechtsanwältin Pinar Akyürek-Röscheisen. Wir bedanken uns herzlich!
Das Bundesverfassungsgericht hat durch Urteil vom 19.02.2013 (Az: 1 BvL 1/11; 1 BvR 3247/09) das Verbot der Sukzessivadoption durch gleichgeschlechtliche Lebenspartner für verfassungswidrig erklärt.
Dies führt zu einer weiteren Aufhebung der Ungleichbehandlung von Lebenspartnern und Ehegatten.
Was bedeutet das Urteil?
In § 9 LPartG ist geregelt, dass dem Lebenspartner/ der Lebenspartnerin ein „kleines Sorgerecht“ hinsichtlich der leiblichen Kinder des anderen Lebenspartners/ Lebenspartnerin zusteht, d.h. er/sie die Befugnis zu Sorgerechtentscheidungen in Alltagsangelegenheiten bzw. Notsituationen hat.
Art. 9 LPartG besagt:
§ 9 Regelungen in Bezug auf Kinder eines Lebenspartners
(1) Führt der allein sorgeberechtigte Elternteil eine Lebenspartnerschaft, hat sein Lebenspartner im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. § 1629 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Bei Gefahr im Verzug ist der Lebenspartner dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der sorgeberechtigte Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(3) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
(4) Die Befugnisse nach Absatz 1 bestehen nicht, wenn die Lebenspartner nicht nur vorübergehend getrennt leben.
(5) Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Lebenspartner können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Lebenspartnerschaftsnamen erteilen. § 1618 Satz 2 bis 6 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(6) Nimmt ein Lebenspartner ein Kind allein an, ist hierfür die Einwilligung des anderen Lebenspartners erforderlich. § 1749 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(7) Ein Lebenspartner kann ein Kind seines Lebenspartners allein annehmen. Für diesen Fall gelten § 1743 Satz 1, § 1751 Abs. 2 und 4 Satz 2, § 1754 Abs. 1 und 3, § 1755 Abs. 2, § 1756 Abs. 2, § 1757 Abs. 2 Satz 1 und § 1772 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
Auch konnte bisher ein Lebenspartner/ eine Lebenspartnerin das leibliche Kind des Lebenspartners/ der Lebenspartnerin adoptieren (§ 9 Abs. 7 LPartG). Zur Adoption eines Kindes bedarf es der Zustimmung des Lebenspartners (§ 9 Abs. 6 LPartG).
Unverheiratete Personen können gemäß § 1741 Abs. 2 BGB ein Kind nur als Einzelperson adoptieren. Da Lebenspartner (innen) nicht verheiratet sind im Sinne dieser Vorschrift ist ihnen der Weg der gemeinschaftlichen Adoption verschlossen.
Allerdings hat nun das Bundesverfassungsgericht für Lebenspartner die Sukzessivadoption zugelassen und § 9 Abs. 7 LPartG für verfassungswidrig erklärt. Sukzessivadoption bedeutet, dass eine Einzelperson ein Kind nach § 1741 Abs. 2 BGB adoptiert und anschließend eine weitere Person. Diese Sukzessivadoption kann dabei auch in einem Termin erfolgen, so dass dies praktisch einer gemeinschaftlichen Adoption gleichkommt.
Das Recht hat solche Sukzessivadoptionen bisher kritisch gesehen, da ein „Weiterreichen“ des Kindes in Familien befürchtet wurde. Allerdings hat nun das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass ein Kind, das ohnehin mit dem Lebenspartner eines Elternteils zusammenlebt in einem familiären Gefüge lediglich einen weiteren Elternteil hinzugewinnt. Sowohl Eheleute, als auch Lebenspartner sind in der Lage, das behütete Aufwachsen eines Kindes in einer rechtlich stabilisierten Gemeinschaft zu sichern.
Konsequent dürfte es sein, wenn das Bundesverfassungsgericht demnächst auch die letzte Ungleichbehandlung zwischen Lebenspartnern und Ehegatten in diesem Bereich aufhebt und die gemeinschaftliche Adoption zulässt.