Welche Anforderung gibt es eigentlich konkret an die gemeinschaftliche Ausübung der elterlichen Sorge? Dies wurde in einem kürzlich bekannt gewordenen Beschluss durch das OLG Hamm konkretisiert. (AZ.: 3 UF 139/15)
Zwei nicht verheiratete Eltern eines gemeinsamen Sohnes stritten um das Sorgerecht. Der im Jahr 2006 geborene Sohn lebte seit der in 2013 erfolgten Trennung der Eltern bei der Mutter. Diese zog mit ihm kurz nach der Trennung ins Oldenburger Land. Bereits vor dem Umzug haben sich die Eltern über Art und Umfang des Umgangsrechts des Kindesvaters verständigt.
Zudem beantragte er bei dem zuständigen Familiengericht das Sorgerecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht in gemeinschaftlicher Ausübung beider Elternteile. Damit hatte er keinen Erfolg. Die Mutter blieb zunächst allein sorgeberechtigt.
Jedoch legte er gegen die Entscheidung Beschwerde ein, über die das OLG Hamm als zuständige Beschwerdeinstanz zu entscheiden hatte. Das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Familiengerichts Gelsenkirchen-Buer, so dass die Beschwerde zurückgewiesen wurde.
Die Entscheidung des OLG
Bei nicht verheirateten Eltern sei zunächst der Mutter das Sorgerecht zu übertragen. Auf Antrag kann die Sorge auf beide Elternteile übertragen werden, wenn dies nicht dem Kindeswohl widerspreche. Dass eine gemeinschaftliche Ausübung des Sorgerechts dem Kindeswohl grundsätzlich entspreche, werde in § 1626a II 2 BGB vermutet, wenn der Antragsgegner keine Gründe dagegen vorgetragen werden und auch sonst nicht ersichtlich sind.
Was heißt das konkret?
Eine gemeinsame Ausübung erfordert demnach eine hinreichend tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern (trotz der Trennung!) und ein Mindestmaß an Übereinstimmung bezüglich der Kindeserziehung sowie eine gewisse Kompromissbereitschaft (Fähigkeit zum Konsens).
Das OLG führte aus, dass daher die erstmalige Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Elternteile eine Prognosentscheidung sei. Denn die gemeinsame Sorge habe bis dato nicht bestanden und sei teilweise in Fällen, wo die Eltern auch vor der Trennung nicht zusammenlebten faktisch nicht ausgeübt worden. Das Gericht muss also versuchen, sicherstellen zu können, ob eine gemeinsame Sorge in Zukunft klappt – oder eben nicht. Daher dürfe die Voraussetzung an die gemeinsame Sorge auch nicht zu hoch angesetzt werden.
Allerdings sei die gemeinschaftliche Sorge bereits nicht möglich, wenn eine Kooperationsbereitschaft zwischen den Eltern erkennbar fehle. Dann sei die alleinige Sorge durch die Kindesmutter vorzuziehen.
Was heißt das für den Ausgangsfall?
Genau an der Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit scheint es im Ausgangsfall gefehlt zu haben. Denn das OLG führte weiter aus, die Eltern sein nach wie vor enorm zerstritten. Da die Eltern nicht in der Situation sein, aufeinander zugehen zu können, sei eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinschaftliche Ausübung des Sorgerechts nicht möglich. Daher entschied das Gericht, dass die Mutter allein sorgeberechtigt bleibt.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 16.11.16