Türkeiurlaub – Zustimmungspflicht des Kindesvaters?

Eine Mutter wollte mit ihrem achtjährigen Kind vom in ihrem Heimatland der Türkei an der türkischen Side Urlaub machen. Muss der Kindesvater zustimmen?

Die Reise hat die Kindesmutter im Januar 2016 gebucht. Die Eltern des Kindes sind geschieden und üben das Sorgerecht gemeinschaftlich aus. Der Kindesvater hielt das Urlaubsziel aufgrund der aktuellen politischen Lage und einer möglichen Terrorgefahr für zu gefährlich. Daher verweigerte der Vater seine Zustimmung.

AG Offenbach: keine Entscheidung des alltäglichen Lebens.

Die Kindesmutter begehrte daraufhin vor dem Amtsgericht Offenbach die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf sich allein. Dies ist möglich, wenn sich die Eltern nicht über eine Entscheidung einigen können. Nach Ansicht des Amtsgerichts Offenbach handelt es sich bei der Reise in die Türkei aufgrund der drohenden Gefahr von Terroranschlägen um eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung und nicht um eine alltägliche Entscheidung. Für die Durchführung der Reise wäre eine Übertragung der Zustimmung auf die Mütter auch von Nöten. Während hingegen Entscheidungen des alltäglichen Lebens sind gar nicht zustimmungspflichtig sind. Das Gericht gab dem Antrag statt und gestattete der Mutter über die geplante Türkeireise mit dem Kind alleine entscheiden zu dürfen. Die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf die Mutter entspreche dem Kindeswohl am besten, da der Sohn sich sehr auf die Reise freue und noch nie einen richtigen Badeurlaub gemacht habe.

Beschwerde vor dem OLG

Der Vater legte gegen die Entscheidung Beschwerde ein, da er eine konkrete Gefährdung hinsichtlich der Gesundheit und des Lebens des Kindes befürchtete. Die Mutter hielt dem entgegen, dass es vom Auswärtigen Amt für Reisen an die türkische Side keinerlei Sicherheitswarnungen gebe.

Das OLG Frankfurt setzte den Beschluss des Amtsgerichts einstweilig aus. Es bestehe ein überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerde des Vaters zulässig sei.

Das OLG teilte die Auffassung, dass eine Türkeireise derzeit keine Entscheidung des alltäglichen Lebens ist. Grundsätzlich bestünde zwar keine generelle Zustimmungspflicht für Urlaubsreisen. Ergeben sich jedoch hinsichtlich des Reiseziels konkrete Risiken, ist eine Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich, wenn das Sorgerecht gemeinschaftlich ausgeübt wird. Dann sind Reisen in „gefährliche“ Gebiete nicht ausgeschlossen, bedürfen aber der Zustimmung beider Elternteile. Weder die Kindesfreude noch finanzielle Risiken aufgrund eines Reiserücktritts rechtfertigen nach Ansicht des OLG eine Übertragung der Entscheidung auf die Mutter.

Hinsichtlich des Reiseziels erkannte die eine solche konkrete Gefährdung an. Die türkische Regierung habe den Ausnahmezustand ausgerufen und es kam in Folge des Putschversuchs zu Massenverhaftungen. Unruhen sein jederzeit möglich. Die Durchführung der Reise berge daher mehr Gefahren für das Kindeswohl als das Nichtantreten.

Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21.07.2016 – 5 UF 206/16; zu finden in: Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank Entscheidungen der hessischen Gerichte

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