Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung geht nicht so weit, dass eine Vermutung ausreicht, um die betreffende Person zu einem Vaterschaftstest verpflichten zu können. Das stellte das Bundesverfassungsgericht in einem aktuellen Urteil fest (Az. 1 BvR 3309/13).
Der Fall
Eine 65-Jährige Frau hatte Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie vermutete, dass der andere Prozessbeteiligte, ein 88-jähriger Mann, in Wahrheit ihr Vater sei. Immerhin hatte ihre Mutter hatte den Mann als Vater benannt. Dieser hatte auch beim Standesamt 1950 die Hausgeburt der Klägerin gemeldet. Die Vaterschaft erkannte er aber nie an. Die Mutter der Klägerin heiratete danach einen verurteilten Straftäter, der die Frau im Kindesalter missbrauchte und die Mutter misshandelte. Dies ging solange, bis der Sohn der Mutter ihren Mann in Notwehr erstach. Für diesen Verlauf machte die Klägerin auch den 88-Jährigen mitverantwortlich und wollte die Vaterschaft aufklären.
Der Mann verweigerte jedoch einen Vaterschaftstest. Dem Gesetz nach konnte er dies auch tun. Gemäß § 1598a BGB kann ein Gentest nur innerhalb der Familie verlangt werden. Dazu muss eine rechtliche Bindung zu der Person bestehen, von der dieser Gentest verlangt wird. Ein Vaterschaftstest kann so z.B. von dem rechtlichen Vater verlangt werden.
Eine Bindung bestand zwischen den Beteiligten nicht. Sie konnte daher nach § 1598a BGB keinen Gentest verlangen. Die 65-Jährige war jedoch der Meinung, einen Gentest müsse man auch ohne rechtliche Bindung von einem Mann verlangen können, wenn man eine begründete Vermutung zu der Vaterschaft darlegt.
Die Entscheidung
Dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung stehen die Grundrechte der betroffenen Männer entgegen. Es wird vor allem in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des mutmaßlichen Vaters eingegriffen werden, das auch die Privatsphäre und damit die intimen Beziehungen schützt. Das Gericht betont, dass solche intimen Beziehungen geheim gehalten werden dürfen. Durch einen Vaterschaftstest drohen diese intimen Beziehungen zwischen der Mutter und dem vermeintlichen Vater aber öffentlich zu werden. Zwar kann das Kind, das den Test verlangt und aus der Beziehung hervorgegangen ist, ein besonderes Interesse an der Offenlegung haben. Eine solche Offenlegung von intimen Beziehungen kann jedoch auch weitreichende Folgen für das Familienleben haben. Das Bundesverfassungsgericht hat daher entschieden, dass in der Abwägung der Grundrechtsschutz des mutmaßlichen Vaters nach überwiegt. Daher gebe es kein generelles Recht auf Kenntnis der Abstammung. Zu einem Gentest kann weiterhin nur der rechtliche Vater iSd. des § 1598a BGB gezwungen werden. Der 88-Jährige Mann muss einem Gentest nicht zustimmen.
Quellen:
- 1 BvR 3309/13
- Quelle 2