Gastbeitrag – „Die Liebe und Ich“ – Beziehungscoaching

Volker H. Rupp betreibt einen Blog zum Thema Glücklichsein in der Liebe (https://www.die-liebe-und-ich.de/).
Der folgende Gastartikel wurde uns von ihm zu Verfügung gestellt:


Danach und warum es wichtig ist, noch mal genauer hinzuschauen

Jetzt hat es doch nicht funktioniert. Es ging einfach schief. Was am Anfang so schön war und auch einige Zeit gut lief scheiterte zum Schluss! Du bist ratlos, tief verletzt, gibst Dir oder Deinem Ex-Partner die Schuld und fragst Dich, ob Du so etwas je wieder willst und ob es nicht ohnehin besser wäre allein zu bleiben. Vor allem, um diese Schmerzen zu vermeiden!

Gleich vorweg und wenn es noch so weh tut: Es ist tatsächlich vorbei!

Du brauchst Dir keine Hoffnung mehr machen, dass Ihr wieder zusammenkommt und es dann irgendwie wieder gut wird: Ganz anders, weil Du oder Dein Partner Dich veränderst. Das wird nicht passieren. Unter vielen hundert Klienten, die Trennungserfahrungen machten, habe ich es noch nie erlebt, dass ein Paar, das die endgültige Trennung ausgesprochen hat, wieder dauerhaft und glücklich zusammenkommt. Eine Zeitlang, ja. Aber die alten Wunden tauchen wieder auf, genauso wie die alten Sollbruchstellen. Und Ihr seid bald wieder dort, wo Ihr Euch getrennt habt. (Was anderes ist die Trennung in der Beziehung, aber das habe ich weiter oben erläutert.)
Lass uns dazu bitte zwei der vier „spirituellen Gesetze der Indianer“ einmal zu Rate ziehen:

“Was zu Ende ist, ist zu Ende!”

So einfach ist das. Wenn etwas in unserem Leben endet, dient es unserer Entwicklung. Deshalb ist es besser ganz loszulassen und vorwärts zu gehen, beschenkt mit den jetzt gemachten Erfahrungen. Und es ist wichtig für Dich, dass es – zumindest irgendwann einmal, wenn Wut, Ärger und Groll verzogen sind – in Dankbarkeit geschieht. In tiefer Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit, für alle Erlebnisse, für das, was Du gelernt hast: Vor allem über Dich selbst.

“Das was passiert, ist das Einzige was passieren konnte”

Nichts, aber absolut nichts von dem, was Dir geschehen ist, hätte anders sein können. Nicht einmal das unbedeutendste Detail. Es gibt einfach kein: “Wenn ich das anders gemacht hätte…, dann wäre es anders gekommen…” Nein, das was passiert, ist das Einzige, was passieren konnte! Es musste passieren, damit Du Deine Lektionen lernst, um vorwärts zu kommen und Dich zu entwickeln. Alle, ja jede einzelne der Situationen, die Dir in Deiner Beziehung widerfahren sind, sind absolut perfekt, auch wenn Dein Verstand und Dein Ego sich widersetzen und es nicht akzeptieren wollen. Etwas, für das Ihr beide gleichermaßen verantwortlich seid, etwas, das Ihr beide gleichermaßen genau so gewollt habt – auch, wenn nur einer von Euch die letzte Entscheidung traf und sich getrennt hat. Glaube mir, er hat es für Euch beide getan. Er war in diesem Moment der Ehrlichere, der Stärkere von Euch beiden: Auch, wenn das mit Sicherheit in einem früheren Stadium Eurer Beziehung einmal Du warst!

Jetzt ist Zeit für Dich. Dringend! Zeit, dass Du Dich wunderbar und intensiv mit Dir selbst beschäftigst. Was ist das, was da so weh tut? Woher kommt das? Was sind das für Erfahrungen von früher, die da jetzt mit hineinspielen? Wie hast Du Deine Beziehung wirklich erlebt? Was waren Deine Gefühle und was hat sich nach Alleinsein gesehnt, was hatte vielleicht sogar panische Angst davor? Warum bliebst Du, wo Du hättest gehen sollen? Und wie darf Partnerschaft in Zukunft für Dich aussehen: Was möchtest Du auf keinen Fall wieder in Deinem Leben haben? Wer soll die Frau oder der Mann an Deiner Seite sein? Was für Eigenschaften sind Dir wirklich wichtig? Und was für Eigenschaften sind Dir wichtiger als das, was Dich kurzfristig am Anfang erregt und für einen Menschen einnimmt?

Eine Klientin berichtet: „Ich stehe unheimlich auf Männer, die eine große Klappe haben. Die echt eine Show abliefern! Alle zum Lachen bringen und richtig Eindruck machen. Die Geld haben und es auch zeigen. Mein Ex-Verlobter war so einer, da hat sich jede Frau nach umgedreht. Nur in der Beziehung war es die Hölle! Er kannte einfach nur sich selbst und seine eigenen Interessen. Party machen ging weiterhin super, aber der Alltag war öde und ich war oft allein. Reden ging ja mal so gar nicht! Da ist er mir immer ausgewichen.“
Und sie fährt fort: „Das will ich eigentlich nicht mehr. Nur merke ich, wenn ich weg gehe, ziehen genau diese Typen mich wieder an. Wie magisch fast. Während die eher ruhigen, mit denen man aber super reden kann, die finde ich echt langweilig.“

Du musst einfach wissen, was Du willst. Ein toller Party-Typ ist prima, aber ist er auch für eine dauerhafte, tiefe Beziehung geeignet? Und gibt es eigentlich nur die beiden Extreme und nicht irgendwas dazwischen? Wie sehr bist Du bereit, auf Dein Gefühl und Deine Intuition zu hören? Mehr als auf Deine Ängste und „Gedanken“? Wie nah möchtest Du Dir in Zukunft sein und wie selbst-treu?
Schau jetzt noch einmal genau hin auf Deine „alte“ Beziehung. Die Fragen in der Übung werden Dir dabei helfen. Wichtig ist, dass Du ganz ehrlich bist und Dich selbst so richtig wichtig nimmst! Dabei hilft es Dir, Deine Gefühle ernst zu nehmen; auch die Gefühle, die Du vielleicht über einen längeren Zeitraum hinweg verleugnet hast.


Übung:

Was war gut in Deiner letzten Beziehung?

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Welche Eigenschaften Deines Ex-Partners fandest Du prima?

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Beschreibe kurz die drei schönsten Situationen Eurer Beziehung:

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Für welche Erfahrungen bist Du konkret dankbar?

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Was möchtest Du nicht wiederhaben? Beschreibe so genau wie möglich!

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Über was bist Du wütend?

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Wo musst Du noch loslassen?

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Welche Verletzungen, die Du durch Deinen Partner erlitten hast, benötigen Deine aktive Vergebung?
Denk bitte daran: Es geht nicht darum, ihm etwas Gutes zu tun, sondern DIR! Damit Du frei und ohne der Vergangenheit verhaftet zu sein, Dein neues Leben führen kannst:

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Beschreibe jetzt Eigenschaften, die Du in Deiner neuen Beziehung auf jeden Fall bei Deinem Partner finden möchtest:

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Wie lange möchtest Du jetzt nach Deiner Beziehung allein sein?
Ein guter Zeitraum ist beispielsweise ein Jahr, aber: Es ist DEINE Entscheidung!

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Wieder ganz konkret: Was für eine Beziehung möchtest Du Dir danach erschaffen?

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Und zum Schluss: Überlege Dir eine Abschiedszeremonie für Deine alte Beziehung!
Beispielsweise kannst Du einen wichtigen Gegenstand aus Eurer Beziehung an einem für Euch wichtigen Ort begraben oder in einen Fluss / See werfen:

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Ein Plädoyer für die Liebe

Du wurdest verlassen in Deinem Leben und hast verlassen. Du lebst vielleicht heute in einer Beziehung, in der Du Dich fragst: „Und das soll es jetzt gewesen sein?“ In der Enttäuschung jeden Tag in Dir still wütet und Du bei Liebesfilmen feuchte Augen bekommst. Aber es ist die Liebe anderer, die Hollywood-Liebe, die Du für unerreichbar hältst und die auf jeden Fall ja wohl nichts für Dich ist. Oder der Trennungsschmerz ist noch ganz da und Du glaubst nicht daran, je wieder glücklich sein zu können!
Ich kann es Dir so gut nachfühlen – mir ist das 2005 nach 13 gemeinsamen Jahren „passiert“. Meine Frau hat mich damals mit unseren beiden Kindern verlassen und ist mit ihrem Abteilungsleiter zusammengezogen. Ich habe gelitten wie ein Hund. Erst nach anderthalb Jahren kam ich auf die Idee, dass das nicht nur was mit dem Verlassenwerden zu tun hat, sondern seine Wurzeln tief in mir waren. Ich habe dann eine Therapie gemacht und meinen bisherigen therapeutischen Ausbildungen zwei weitere hinzugefügt. Im Rückblick kann ich sagen, dass dieses Verlassenwerden zu einem der wichtigsten und notwendigsten Erfahrungen meines Lebens gehört. Erst da, so ganz tief unten, bin ich wortwörtlich mir selbst begegnet, konnte ich das, was wahr und ehrlich war an mir, wieder aufsammeln und neu zusammensetzen. Genau hier habe ich mich „gefunden“, habe angefangen, Interessen zu leben, Neugierde umzusetzen und einfach ein Stück Jugend nachzuholen, die ich viel zu früh für ein scheinbares Erwachsensein aufgegeben hatte. Ich begann, mich tätowieren zu lassen, Festivals und Konzerte zu besuchen, meinen Rollenspieltrieb auf Mittelaltermärkten auszutoben und frei, offen und wild zu lieben. Stellenweise hatte ich mehrere offene Beziehungen nebeneinander, einige Freundschaft-Plus Erfahrungen, besuchte ich BDSM Partys und einen Swinger Club, erfüllte mir den Traum, mit sehr schönen aufregenden Frauen zusammen zu sein, machte die Erfahrung mit sehr viel jüngeren und manchmal auch älteren Partnerinnen und kam mir und meinen Liebeswünschen immer näher. Bis ich schließlich den Mut fand, sie ganz und gar und authentisch zu leben!
Der Lebensmittelpunkt, den ich für mich damals fand und der sich dann auch beruflich niederschlug, war LIEBE. Und zwar die erotische Liebe zwischen Mann und Frau in Partnerschaft und Sexualität. Mir wurde klar, wen ich an meiner Seite haben wollte, auf welche Weise ich mich für eine solche Frau entscheiden möchte (Gefühl! Nur – Gefühl!) und in welcher Form ich mit ihr zusammenleben und lieben mag. Und je mehr ich mich selbst zu lieben und anzunehmen begann desto mehr kamen die Frauen zu mir: Es reichte vollkommen ihnen zu sagen, was ich wollte (sie! Immer persönlich, nie auf irgendetwas reduziert) und sie kamen: Weil ich klar, authentisch und greifbar war! Sie konnten mich sehen, spüren und dann erleben. Ich verließ meinen Schutzbereich mehr und mehr und damit kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt, wenn Du Beziehung (wieder) in ihrer Fülle und all ihren Möglichkeiten erleben willst:
Verletzbar bleiben oder neu werden!
Gerade nach voraus gegangenen Erfahrungen in Liebe und Partnerschaft treten die meisten Menschen den Gang in die nächste Beziehung mit einer gewaltig hohen Schutzmauer an. Klar, sie wollen nicht wieder verletzt werden! Die Erfahrungen aus alten Beziehungen stecken ihnen ja noch in den Knochen und das wollen sie auf alle Fälle vermeiden. Unbewusst entwickeln wir Strategien, um diese so gefährliche Nähe nicht wirklich erleben zu müssen. Wie wir weiter oben gesehen haben kann das ganz harmlos aussehen, zeigt sich aber letztlich immer darin, dass verbindliche Beziehung einfach nicht funktioniert oder überhaupt erst an den Start geht. Die Gründe sind immer gut nachvollziehbar und fühlen sich auch für die Betroffenen gar nicht schlecht an: Man hat ja sein erfülltes Leben, Freunde, Hobbies und einen ganz guten Beruf! Nur diese Leere an den Sonntagabenden oder im Jahresurlaub ist komisch und wenn dann der Kollege das Bild von seinem Neugeborenen zeigt wird einem aus ganz schön mulmig …
Ja, Liebe kann weh tun. Ja, Liebe kann Dich verletzen. Und triggern ohne Ende, herausfordern, Dich aus Deiner Komfort- / Angstzone treiben und auf die sprichwörtliche Palme bringen! Und doch bedeutet sie Leben, Fülle, Wachstum (manchmal sogar ihre destruktive Variante, wenn Du Dich drauf einlässt), Spiritualität und Erkenntnis Deiner Selbst. Nicht umsonst haben Leben und Liebe so viel miteinander zu tun – nicht nur vom Wortstamm her: Auf dem Totenbett nach ihrem Leben befragt äußern Sterbende nicht, dass sie zu oft zu viel geliebt hatten, sondern das genaue Gegenteil: Dass sie zu oft zu viel auf Sicherheit und Vernunft statt Gefühl gegeben hatten (siehe hierzu „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden“ 20. April 2015, von Bronnie Ware, einer australischen Krankenschwester, die Sterbende in einem Hospiz begleitet hatte). Dass sie manche Liebe haben gehen lassen: Aus Angst, aus dem Wunsch nach Anerkennung seitens der Familie oder der Freunde, manchmal „der Gesellschaft“, aus rationalen Überlegungen oder der Bevorzugung anderer Kriterien wie Erfolg oder Beruf. Und immer bereuten sie es, leider dann zu spät für eine Änderung.
Deswegen plädiere ich in Sachen Liebe für Risiko. Immer wieder, ohne Rücksicht. Du kannst nie verlieren, Du kannst nur gewinnen! Wenn … Ja, wenn Du gleichzeitig die Selbstliebe förderst, die Nähe zu Dir selbst, das Bewusstsein Deiner eigenen Transzendenz. Dann kann Dir jede Liebe, die Du eingehst – oder besser wagst – nutzen, dienen, Dich weiterbringen. Keine wird vergeudet sein, keine wird wirklich eine Erfahrung sein, die „umsonst“ oder „schädlich“ war.
Nur mach Dir bitte auch klar: Liebe kostet Kraft. Vielleicht sogar ein Stückchen Seele, jedes Mal wieder. Und jeder Mensch – außer er geht in einer totalen Katastrophe – bleibt Dir in Deinem Herzen und die Liebe zu ihm ebenso. Deswegen gehe vorsichtig mit Deiner Liebe um, nachdem Du in Deiner jugendlichen Experimentierphase Deine Erfahrungen gemacht hast. Mach Dir immer wieder neu bewusst, was und wen Du wirklich willst – Hilfen findest Du in diesem Buch genug dazu – und hol es Dir in Dein Leben! Du hast es Dir verdient, zu lieben – wirklich zu lieben! – und dann auch geliebt zu werden. Warum? Weil Dein Höheres Selbst Liebe ist, reine Liebe, und hier ist, um zu lieben und Liebe zu erfahren. Und wenn das bis jetzt noch nicht der Fall war? Kein Problem, dann hat Dich alles in Deinem Leben hier zu diesem Punkt geführt, hat Dich alles gelehrt und vorbereitet und dann ist es nun wirklich soweit – wenn Du es zulässt!
Jetzt wünsche ich Dir allen Segen und den MUT zur Liebe! Geh raus, mach Dein Ding und lebe die Liebe – DEINE Liebe! – mit allen Fasern Deines Herzens und Deiner Seele. Du kannst es, wenn Du es wirklich willst, und wenn Du bereit bist, offen und verletzbar zu sein und mehr wie ein Fluss als wie ein Stein. Du brauchst kein Fels in der Brandung zu sein – DU kannst der Fluss sein, der sich sicher, frei und ohne sich von Widerständen hemmen zu lassen, in seinem Bett hin bewegt zum Meer. Darf ich Dir davon noch eine letzte Geschichte erzählen und Dich dann damit entlassen in Dein Leben, Deine Liebe und Deine Erfüllung?

Es war einmal ein kleiner Bach. Lange war er schon durch das Land geflossen, wurde vom Rinnsal zum Bächlein und dann zum Bach. Er hatte Wälder durchquert, war über Wiesen geflossen, durch dunkle Täler und helle sonnige Flussauen. Schwierigkeiten hatte er bisher mühelos gemeistert, war immer selbstsicherer geworden und nahm zu an Wassermenge und -kraft. Er wusste nicht, wohin die Reise letztlich ging, nahm immer den leichtesten, offensichtlichsten Weg, und war zufrieden, wie alles lief.
Eines Tages durchquerte er eine Steppe und die Vegetation wurde immer spärlicher. Der kleine Bach, der jetzt gar nicht mehr so klein war, begann sich Sorgen zu machen. Von Tag zu Tag wurde es heißer und die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel. Der Bach verlor Wasser und er spürte, wie seine mächtige Kraft nachließ. Aber was konnte schon passieren? Irgendwann musste diese Steppe ja aufhören!
Das tat sie alsbald tatsächlich und wurde zur Wüste. Der Bach bekam einen Riesenschreck! Es wurde also noch schlimmer – wie sollte er da bloß durchkommen? Würde er das schaffen, ohne zuvor ganz zu versiegen?
Er konnte nicht anders und machte sich auf den Weg in die Wüste. Schnell verlor er immer mehr Wasser und ganz zum Schluss war er wieder nur noch ein Rinnsal. Und auch das verdunstete zusehends und der Bach bekam eine richtige Todesangst! Sollte er vergehen, einfach nicht mehr sein? Sollte das Bild eines mächtigen, reißenden Flusses, das er sich von sich selbst in der Zukunft gemacht hatte, nie eintreffen?
Irgendwann gab er auf. Er hatte keine Kraft mehr, keine Hoffnung und die Wüste nahm einfach kein Ende. Die letzten Wassertropfen verdunsteten und bildeten schließlich ganz weit über der Wüste eine kleine, hauchzarte Wolke. Sie war fast durchscheinend, so dass die Sonnenstrahlen einfach durch sie hindurch gingen und keinen weiteren der letzten verbliebenen Wassertropfen gefährdeten. Und sie war schnell: Obwohl es hier so hoch über der Wüste nur selten ein bisschen Wind gab brauchte sie doch nur drei Tage, bis sie schließlich die Wüste überquert hatte. Was sie gar nicht zu hoffen gewagt hatte, als die Wolke noch ein kleiner Bach war, trat ein: Sie erreichte das große Meer, von dem sie immer nur gehört hatte und das sie fast für ein Märchen, eine Legende hielt! Und es war riesig und kein Ende des vielen Wassers war zu sehen und die Wolke wusste, sie war zu Hause angekommen.
Sie flog ein wenig auf das große Meer hinaus und dann, eines Tages, begann sie sich in das Meer zu ergießen und regnete all ihr Wasser, das der kleine Bach noch so weit in die Wüste hineingetragen hatte, über das große weite Meer hinab. Und sie war glücklich und wurde Teil von etwas viel Größerem, das keine Angst mehr hatte und keine Grenzen mehr brauchte. Der kleine Bach, der zur kleinen Wolke wurde, war Teil des großen, endlosen Meeres geworden.

 

 

 

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