Ein Unglück kommt selten allein. So kann es sein, daß sich die Insolvenz eines Ehepartners auch noch mit einer -sowieso schon komplizierten – Scheidung überlagert.
In diesen Situationen kommt es zu einer Fülle an rechtlichen Fragen, die sich aus dem Konflikt zwischen Scheidungsrecht, Insolvenzrecht sowie Vollstreckungsrecht ergeben.
Im Folgenden sollen nur die Grundstrukturen aufgezeigt werden:
Grundsätzlich behalten die Ehegatten auch nach der Eheschließung getrenntes Eigentum, das ist der sogenannte gesetzliche Güterstand oder auch Güterstand der Gütertrennung mit Zugewinngemeinschaft. § 1363 BGB („Zugewinngemeinschaft“) ist da leider nicht sehr präzise formuliert.
Das bedeutet, dass das Anfangsvermögen beider Ehepartner auch nach der Heirat grundsätzlich unverändert separates, individuelles Eigentum bleibt.
Die Ehepartner können weiterhin separate Bankkonten führen oder bleiben als Eigentümer von Grundeigentum weiterhin im eigenen Namen im Grundbuch eingetragen.
Späterer Hinzuerwerb von Eigentum etwa durch Schenkung oder Erbschaft seitens der jeweiligen Familie an nur einen Ehepartner wird individuelles Eigentum und nicht Gemeinschaftseigentum. Etwas anders gilt, wenn die Zuwendung beiden Ehepartnern zugute kommt, z.B. bei einem Zuschuss zur Reparatur eines Hauses, das auf beide Ehepartner im Grundbuch eingetragen ist. Die Hälfte geht dann automatisch auch an den anderen Ehepartner. Wenn dieser später Insolvenz anmeldet, geht solch ein Zuschuss, was dessen Anteil betrifft, verloren.
Das, was beide Ehepartner zusammen in der Ehe erarbeiten („hinzu gewinnen“), gehört zum Zugewinn, vgl. § 1378 BGB. In der Scheidung entsteht für den benachteiligten Ehepartner ein schuldrechtlicher Anspruch auf Ausgleich dieses Zugewinns. Diese Ausgleichsforderung entsteht erst mit der Beendigung des Güterstands, also normalerweise mit Rechtskraft des Scheidungsurteils. Wegen § 1378 BGB ist der Anspruch auf Zugewinnausgleich erst ab diesem Zeitpunkt übertragbar oder vererbbar. Verfahrensrechtlich kann der Anspruch durch dinglichen Arrest schon vor Entstehung der Ausgleichsforderung ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gesichert werden (Palandt 71. Aufl. 2012 § 1378 Rz. 16).
Wenn nun ein Ehepartner zusätzlich die Insolvenz beantragt, wird mit der Eröffnung der Insolvenz das Vermögen eines der Ehepartner erfasst, vgl. § 35 InsO *2).
Soweit wir es mit getrenntem Vermögen eines der Ehegatten zu tun haben, läßt sich das meistens relativ problemlos lösen: es bleibt individuelles Eigentum und nur das Eigentum des insolventen Ehegatten wird von der Insolvenz erfasst.
Der Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum des Ehegatten, der zum Zugewinn gehört, fällt grundsätzlich nur insoweit in die Insolvenzmasse, als der Ehepartner die alleinige Verfügungsbefugnis darüber hatte, § 37 InsO *3).
Für weitere Komplikationen sorgen in dieser Situation die §§ 130 ff. InsO, wonach insbesondere unentgeltliche Übertragungen vor der Insolvenz durch den Insolvenzverwalter nach einem inhaltlich und zeitlich abgestuften System angefochten werden können.
Ansprüche auf Erstattung von Einkommensteuer gehören nach BGH, Beschluss vom 12.01.2006 Az. IX ZB 239/04 nur insoweit zur Insolvenzmasse, als der jeweilige Sachverhalt, auf dem die Ansprüche beruhen, vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Sie sind von der Abtretungserklärung nach § 287 InsO nicht erfasst. Für den nicht in Insolvenz befindlichen Ehepartner wäre in derartigen Situationen ein Antrag gem. § 26 EStG auf getrennte Veranlagung zu überlegen.
Autor: Rechtsanwalt und CPA (USA) A. Fischer
www.rechtsanwalt-andreas-fischer.de
*1) § 1363 BGB Zugewinngemeinschaft
(1) Die Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbaren.
(2) Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten; dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, wird jedoch ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet.
*2) § 35 InsO
Begriff der Insolvenzmasse
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295 Abs. 2 gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.